Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 25. März 2025 (Az. 5 StR 649/24) ein freisprechendes Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. Juli 2024 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen den Freispruch eines Angeklagten wegen Handeltreibens mit Cannabis richtete, hatte Erfolg. Hauptkritikpunkt war die unzureichende Begründung des Urteils sowie eine fehlerhafte Bewertung der Beweislage.
Dem Angeklagten wurde in sieben Fällen vorgeworfen, zwischen April und Juni 2020 mehrere Kilogramm Marihuana erworben und weiterverkauft zu haben. Dabei soll er EncroChat-Geräte genutzt haben – verschlüsselte Kommunikationsmittel, die in der Vergangenheit häufig von Personen im Bereich der organisierten Kriminalität verwendet wurden. Die Staatsanwaltschaft wertete die Taten als gewerbsmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Nach Inkrafttreten des neuen Cannabisgesetzes (KCanG) am 1. April 2024 hatte das Landgericht die Taten jedoch unter § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG neu bewertet und auf dieser Grundlage die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen.
Das Landgericht sprach den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei. Zur Begründung führte es aus, es habe „nahezu ausschließlich“ EncroChat-Daten als Beweismittel gegeben, deren Verwertung es für unzulässig hielt. Weitere Ermittlungen hätten keine ausreichenden Hinweise auf ein strafbares Verhalten des Angeklagten erbracht. Zwar habe dieser im Zwischenverfahren im Rahmen eines Haftprüfungstermins über seinen Verteidiger die Tatvorwürfe weitgehend eingeräumt. In der Hauptverhandlung widerrief er jedoch das Geständnis. Die Strafkammer hielt es für möglich, dass der Angeklagte sich selbst belastet habe, um seine Familie zu schützen, und sah sich daher nicht zur Verurteilung imstande.
Der BGH rügte das Urteil als rechtsfehlerhaft. Er stellte fest, dass die schriftlichen Urteilsgründe nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO genügten. Es fehle an einer geschlossenen Darstellung des festgestellten Sachverhalts, obwohl das Gericht nicht davon ausgegangen sei, dass keinerlei Feststellungen möglich gewesen wären. Auch die Beweislage sei nicht nachvollziehbar dargestellt, insbesondere sei unklar, welche weiteren Beweismittel außer EncroChat-Daten herangezogen wurden und welchen Erkenntniswert diese hatten. Darüber hinaus fehle jegliche Darstellung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten, obwohl diese für die Würdigung seiner geständigen Einlassung im Zwischenverfahren relevant gewesen wären.
Besonders kritisch sieht der BGH die Annahme des Landgerichts, das widerrufene Geständnis könne falsch gewesen sein, weil der Angeklagte möglicherweise Angehörige schützen wollte. Für eine solche Schutzbehauptung habe es jedoch keine tatsächlichen Anhaltspunkte gegeben. Die Annahme überschreite die Grenze zulässiger Zweifel und setze überspannte Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung. Nach ständiger Rechtsprechung sei es unzulässig, zum Vorteil des Angeklagten bloße Möglichkeiten anzunehmen, die durch das Beweisergebnis nicht gestützt werden.
Wegen dieser wesentlichen Rechtsfehler wurde das Urteil aufgehoben. Die neue Strafkammer muss nun erneut prüfen, ob die Einlassung des Angeklagten und die übrige Beweislage für eine Verurteilung ausreichen. Auch die Frage der Verwertbarkeit von EncroChat-Daten in Cannabis-Fällen könnte dabei erneut eine Rolle spielen.
Eine Antwort hinterlassen